5. Demo (Sternmarsch) am Samstag, dem 11.3.00

5. Leserbrief an den Tagesspiegel vom 11.3.2000 (veröffentlicht)

Thema: Demo (Sternmarsch) am Samstag, dem 11.3.00

Diese Demo ist nicht meine Demo. Die Forderungen für einen Abbau der Bildungsmisere könnte ich als Lehrer unterstützen. Als Betroffener empfinde ich aber die Losungen gegen die Erhöhung der Lehrerarbeitszeit für völlig fehl am Platze. Von den Lehrern ist als Landesbeamte bei der dramatischen finanziellen Situation des Landeshaushalts ein Sparbeitrag zu erwarten und zu verlangen, schon allein aufgrund ihres gesicherten Arbeitsplatzes, um den sie zu Recht von vielen heute beneidet werden. Für mich ist auch das Argument, Berliner Lehrer würden mehr arbeiten als Lehrer in anderen Bundesländern, in Anbetracht der Tatsache, dass der Berliner Landeshaushalt zu einem erheblichen Teil von diesen Bundesländern finanziert wird, abwegig und wird deshalb dort auf taube Ohren treffen.
Statt in Sackgassen zu rennen hätte für intelligente Lösungen demonstriert werden müssen, für ein neues Arbeitszeitmodell, bei dem der unterschiedliche Aufwand für Vor- und Nachbereitungen endlich berücksichtigt wird, für die Abschaffung des Beamtenstatus, um zu-künftig diejenigen, die auf Kosten der Schülerschaft und der übrigen Kollegen und Kolleginnen ihre Arbeit verrichten bzw. nicht verrichten, schneller durch motivierte junge Lehrer und Lehrerinnen ersetzen zu können. Welches Armutszeugnis stellen sich eigentlich Lehrer und Lehrerinnen aus, wenn sie glauben, in einer sich immer schneller verändernden Arbeitswelt überholte Strukturen weiter verteidigen zu müssen. Reformen sind in der Tat angesagt: Wahlpflichtfach Religion, 5. Klassen an den Gymnasien, mit 12 Jahren Abitur, Zentralabitur, verstärkter mathematisch-naturwissenschaftlicher Unterricht, sozialver-träglicher Abbau der Lehrmittelfreiheit u.s.w. Die anstehenden Reformen werden nicht nur von den Schülern mehr verlangen, sondern auch von der Lehrerschaft. Dies wollen aber zu viele wohl nicht wahrhaben. Es wäre schön, wenn eine Aufbruchsstimmung entstehen könnte, mit der die Bildungsmisere beseitigt werden könnte. Statt dessen wird mehr Gejammer zu hören sein und deshalb ist es nicht meine Demo.