7. Anmerkungen zur Bildungsmisere

7. Leserbrief an den Tagesspiegel vom 11.11.2000 (nicht veröffentlicht)

Thema: Anmerkungen zur Bildungsmisere

Der Schulsenator berücksichtigte bei der Lehrerbedarfsberechnung nach eigenen Angaben von vornherein 500 langzeiterkrankte Lehrer. Es sollen aber auch nach seinen Angaben inzwischen 730 sein. Rechnet man selbst nur mit 500 und geht davon aus, dass diese durchschnittlich 20 Pflichtstunden unterrichten, so entsteht durch diese langzeitkrankten Lehrer ein wöchentlicher Unterrichtsausfall von 10000(!) Stunden und das natürlich ent-sprechend lange. Die Stunden müssen entweder von den noch gesunden Lehrern übernommen werden oder sie fallen schlicht und wenig ergreifend aus.

Obwohl sicherlich nicht alle Langzeitzerkrankten über einen Kamm zu scheren sind, drängen sich mir aber folgende Fragen auf. Wie wäre es eigentlich, wenn für Lehrer und selbstverständlich auch für alle anderen Beamten im Krankheitsfalle dieselben Bedingungen gelten würden wie für alle anderen unselbstständig Beschäftigten? Warum entfällt nicht auch für alle Beamten nach 6 Wochen Krankheit der Anspruch auf 100% Gehaltsfortzahlung? Warum müssen z.B. Fabrikarbeiter, die durchschnittlich sicherlich weniger als Beamte verdienen, durch ihre Steuern dieses Privileg von Beamten bezahlen? Wie viel Geld ließe sich bei den langzeiterkrankten Beamten durch Reduzierung der Gehaltsfortzahlung wohl einsparen und in die Finanzierung von Stellen für junge Lehrer umlenken? Wie schnell könnte sich dadurch wohl die angespannte Situation an den Schulen entspannen?

Diese Fragen sind allerdings für Parlamente, in denen mehrheitlich Beamte sitzen, viele zu heiße Eisen. Deshalb werden sie vermutlich dort nicht gestellt, geschweige denn beantwortet. Mit der sozialen Sicherung von Beamten hat das viel zu tun, mit der Sicherung der Zukunft der Jugend herzlich wenig.

5. Demo (Sternmarsch) am Samstag, dem 11.3.00

5. Leserbrief an den Tagesspiegel vom 11.3.2000 (veröffentlicht)

Thema: Demo (Sternmarsch) am Samstag, dem 11.3.00

Diese Demo ist nicht meine Demo. Die Forderungen für einen Abbau der Bildungsmisere könnte ich als Lehrer unterstützen. Als Betroffener empfinde ich aber die Losungen gegen die Erhöhung der Lehrerarbeitszeit für völlig fehl am Platze. Von den Lehrern ist als Landesbeamte bei der dramatischen finanziellen Situation des Landeshaushalts ein Sparbeitrag zu erwarten und zu verlangen, schon allein aufgrund ihres gesicherten Arbeitsplatzes, um den sie zu Recht von vielen heute beneidet werden. Für mich ist auch das Argument, Berliner Lehrer würden mehr arbeiten als Lehrer in anderen Bundesländern, in Anbetracht der Tatsache, dass der Berliner Landeshaushalt zu einem erheblichen Teil von diesen Bundesländern finanziert wird, abwegig und wird deshalb dort auf taube Ohren treffen.
Statt in Sackgassen zu rennen hätte für intelligente Lösungen demonstriert werden müssen, für ein neues Arbeitszeitmodell, bei dem der unterschiedliche Aufwand für Vor- und Nachbereitungen endlich berücksichtigt wird, für die Abschaffung des Beamtenstatus, um zu-künftig diejenigen, die auf Kosten der Schülerschaft und der übrigen Kollegen und Kolleginnen ihre Arbeit verrichten bzw. nicht verrichten, schneller durch motivierte junge Lehrer und Lehrerinnen ersetzen zu können. Welches Armutszeugnis stellen sich eigentlich Lehrer und Lehrerinnen aus, wenn sie glauben, in einer sich immer schneller verändernden Arbeitswelt überholte Strukturen weiter verteidigen zu müssen. Reformen sind in der Tat angesagt: Wahlpflichtfach Religion, 5. Klassen an den Gymnasien, mit 12 Jahren Abitur, Zentralabitur, verstärkter mathematisch-naturwissenschaftlicher Unterricht, sozialver-träglicher Abbau der Lehrmittelfreiheit u.s.w. Die anstehenden Reformen werden nicht nur von den Schülern mehr verlangen, sondern auch von der Lehrerschaft. Dies wollen aber zu viele wohl nicht wahrhaben. Es wäre schön, wenn eine Aufbruchsstimmung entstehen könnte, mit der die Bildungsmisere beseitigt werden könnte. Statt dessen wird mehr Gejammer zu hören sein und deshalb ist es nicht meine Demo.